TechnoTips 8a/96:

Abfalltechnologie und Recycling

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Papierrecycling: Vereine sammeln weiß und braun getrennt

So funktioniert das Papierrecycling

Niemand käme heute noch auf die Idee, weißes und braunes Glas in den selben Sammelbehälter zu werfen. Im Recyclinghof in Haimhausen (Landkreis Dachau), wo wir gedreht haben, wird auch Papier getrennt gesammelt: Weißes Papier kommt in einen von zwei großen Containern, Pappe und Verpackungen in den anderen Behälter. Nicht überall wird so sorgfältig getrennt. In der Stadt München, wird zwar das Glas nach Farben sortiert, aber weiße Zeitungen werden mit brauner Pappe in einer Papiertonne gemischt.

Früher sammelten Sportvereine und karitative Organisationen die gebündelten alten Zeitungen ein. Einige Kommunen wie die Landkreise Dachau und Weilheim-Schongau unterstützen nach wie vor die Bündelsammlung. Im Landkreis Dachau hat eine Privatinitiative zäh um die getrennte Sammlung von Papier und Kartonagen gerungen.

Regelmäßig werden die vom Bürger auf die Straße gestellten Bündel von Mitgliedern verschiedenster örtlicher Vereine eingesammelt. Mit jeder Tonne sauberen Papiers füllt sich die Kasse des Vereins – der Landkreis bezahlt unabhängig vom Marktpreis für das Altpapier einen festen Betrag. Und die Bürger sammeln, wenn schon nicht der Umwelt zuliebe, dann doch dem Gesang- oder Schützenverein zuliebe. So funktioniert es auch im Kreis Weilheim-Schongau. Pro Einwohner werden in diesen Landkreisen so fast 70 Kilogramm Papier pro Jahr erfaßt – viel mehr als mit anderen Sammelsystemen, bei denen oft erhebliche Sortierverluste (und Sortierkosten) anfallen.

Frauen am Fließband sortieren ... Nur aus weißem Altpapier kann auch wieder neues weißes Druckpapier werden. Braune, ungebleichte Papierfasern kann man beim Recycling nicht in weiße Fasern verwandeln. Vermischtes Altpapier muß also nachträglich auseinandersortiert werden – von Hand! Im Sortierbetrieb stehen vor allem Frauen den ganzen Tag am Fließband und ziehen all das aus dem Gemisch heraus, woraus sich kein Zeitungspapier mehr machen läßt, vor allem Pappe. Es gibt kaum etwas, was diese Frauen noch nicht im Altpapier gefunden hätten, vom Tausendmarkschein bis zum lebenden Hamster. Wenn dann noch die Pappkartons in kleine Stücke zerrissen sind, dann macht das Sortieren keinen Sinn mehr. Denn Handsortieren ist teuer und unnötig, da ja im Haushalt meistens schon getrennt gesammelt wurde.

Für neues Zeitungspapier unbrauchbar sind auch durch und durch gefärbte Werbezettel oder Flugblätter. Da ist die Farbe nicht auf, sondern im Papier und läßt sich kaum mehr entfernen. Daraus und aus der Pappe werden wieder neue Verpackungen und Packpapiere. Und außer Pappe und Papier bleibt nach dem Sortieren jede Menge Müll übrig – der hat in den Containern und Papiertonnen wirklich nichts verloren.

Nach dem Sortieren beim Altpapierhändler wird das weiße Altpapier zu Ballen gepreßt oder lose mit dem Lastwagen ins Zwischenlager der Papierfabrik gebracht. Die Papiermaschinen laufen rund um die Uhr, 350 Tage im Jahr. In der Papierfabrik Haindl in Schongau beispielsweise wird Zeitungsdruckpapier und Telefonbuchpapier hergestellt, bis zu 100 Prozent aus Altpapier. Als Rohstoff dienen die wiedergewonnenen Holz- und Zellstoffasern.

Das Altpapier wird mit viel Wasser aufgelöst, dazu kommen Hilfsmittel wie Wasserstoffperoxid, Natronlauge, Wasserglas und Seife. Sie sollen das Ablösen der Druckfarben unterstützen. Die Papierfasern werden durch kleine Schlitze in der Wand einer Trommel gespült, die sich quer durch eine ganze Halle zieht. Die größeren, festen Verunreinigungen purzeln am Ende aus der Trommel heraus. Im handverlesenen Altpapier sind immer noch jede Menge kleinerer störender Abfälle – vor allem Plastikteile, Tüten oder Metallstückchen.

Herzstück der Altpapieraufbereitung: Die Deinking-Anlage

Der Brei aus aufgelöstem Altpapier darf dann etwa eine Stunde ruhen, damit die Hilfsmittel besser wirken. Die Druckfarben können dann leichter entfernt werden. Denn jetzt kommt das Herzstück der Altpapieraufbereitung: die Deinking-Anlage. Hier wird die Druckfarbe, englisch "ink", herausgeholt. Die vorher zugesetzte Seife hat die abgelösten Druckfarbenpartikel schon eingesammelt. In den verdünnten Altpapierbrei wird kräftig Luft eingeblasen. An die Luftblasen lagern sich Druckerschwärze, Druckfarben und unbrauchbare Faserteilchen und Füllstoffe an. Sie schwimmen als Schaum an die Oberfläche.

In mehreren Stufen wird der Altpapierbrei immer heller. Von der Flotation – so heißt dieses Verfahren – läuft der fertige Papierstoff in Richtung Papiermaschine. Was hier zwischen die gewaltigen Papiersiebe eingespritzt wird, enthält nur ein Prozent Faserstoffe und 99 Prozent Wasser. Das meiste Wasser läuft wie bei der Altpapieraufbereitung im Kreis: Es wird zurückgewonnen und immer wieder eingesetzt.

Der größte Teil der Papiermaschine besteht aus vielen großen Zylindern, zwischen denen die Papierbahn entwässert und getrocknet wird. Auf einer Rolle, wie sie die Papiermaschine verläßt, sind mehr als 80 Kilometer Zeitungspapier – nur das Papier wiegt 31 Tonnen. Das Papier wird umgerollt, auf die vom Kunden gewünschte Breite geschnitten und verpackt. Etwa siebzig solcher Rollen, jede einen Meter sechzig breit, braucht alleine die Süddeutsche Zeitung für eine ganz normale Ausgabe.

Das Papier dafür besteht aus bis zu 100 Prozent Altpapier. Auf dem Altpapier, das wir heute sammeln, wird vielleicht schon nächste Woche eine neue Zeitung gedruckt. Hartnäckig hält sich immer noch das Gerücht, gesammeltes Altpapier lande nachher doch in der Verbrennung. Das stimmt längst nicht mehr, denn allein zwei neue Papierfabriken im Osten Deutschlands verarbeiten fast ausschließlich Altpapier. Deshalb ist die Nachfrage enorm gestiegen. Damit das Recycling erleichtert wird, sollten weiße Zeitungen und braune Pappe möglichst überall getrennt gesammelt werden, so wie weißes und braunes Glas.

Weitere Informationen zum Thema Papierrecycling gibt es bei der Internationalen Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik (INGEDE), einem Verband von Papierfabriken. Dort erhalten Schulen oder Kommunen auch kostenlos einen Videofilm.

INGEDE e. V.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Oetztaler Straße 5 B
81373 München
Tel. (089) 769 2332
www.ingede.de


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